Rolf Kaufmann

Plastik_Selbstmörder_01_900x675

‚Es wäre einfach, ein Foto zu machen, um den kurzen Wimpernschlag der Zeit und Realität festzuhalten. Indem Kaufmann einen so eingefangenen „Augenblick der Wirklichkeit“ versucht realistisch zu malen, dehnt er ihn in eine fast unendlich langgezogene Art einer Zeitlupe aus. Das geschieht schon durch die Art der Malerei, die sehr zeitaufwendig ist. Die Betrachtungsweise verändert sich. Der Blick, der zuvor nur kurz und punktuell auf das Objekt gerichtet war und alles andere Umgebende nur oberflächlich streifte, geht nun tief ins Detail. Wandert wie ein Brennpunkt umher, erkennt, vergleicht, bewertet, zensiert und interpretiert diese Realität. Indem Kaufmann hier ein Detail weglässt, dort ein anderes betont, formt er eine neue, nicht real existierende Wirklichkeit. Es ist eine Scheinwelt. Diese Scheinwelt auf der Leinwand spiegelt die Scheinwelt wieder, in der wir uns tagtäglich bewegen. Menschen haben eine Idee von sich, eine Vorstellung, wie sie und was sie sein möchten. Nach dem Motto „Kleider machen Leute“ legen wir immer mehr Wert auf das Erscheinungsbild, auf Äußerlichkeiten. Polierte Oberflächen, Lichteffekte, glänzende Glasfassaden bei Gebäuden, die den Eindruck von Offenheit, Freiraum und „Einblick geben“ erwecken, aber doch kalt und undurchdringlich sind. Auf den Schein wird mehr Wert gelegt als auf das Sein. Dieses Thema interessiert Kaufmann, ebenso der Mensch in seinen vielfältigen Variationen, seinem Verhältnis zueinander und seinem Umgang mit der Natur, sowie die Widersprüchlichkeit der menschlichen Struktur, der unbegrenzte Machthunger, die Rücksichtslosigkeit, seine Arroganz, seine Gedankenlosigkeit, aber auch die Feinfühligkeit, das Mitgefühl, die Hilfsbereitschaft und seine Verletzlichkeit.
(Text nach R. Kaufmann)‘